Burkhard Plemper hat für den Hessischen Rundfunk einen Film über das Projekt "Schöne Aussicht" in Frankfurt zum Thema „Ersatzfreiheitsstrafen“ produziert. Am Dienstag, 11. Februar 2020, soll die Dokumentation mit dem Titel "Schöne Aussicht statt Knast" im Hessischen Fernsehen ausgestrahlt werden. Der Film nimmt zwar nicht Bezug auf Restorative Justice, macht allerdings auf die Zweifelhaftigkeit von Ersatzfreiheitsstrafen aufmerksam und bietet eine gute Grundlage für eine kritische Reflexion über unseren gesellschaftlichen Umgang mit bestimmten Formen abweichenden Verhaltens.
Filmbeschreibung:
„Ein paar Wochen hat Sergeij schon abgesessen, als er Besuch von Christian Irion bekommt. Der Sozialarbeiter der Haftentlassenenhilfe Frankfurt macht dem Gefangenen einen Vorschlag: Im Projekt Schöne Aussicht kann er seine Strafe abarbeiten, ohne Gitter, in Freiheit. Einen Platz zum Wohnen gibt es dazu. Sie werden sich schnell einig. Sergeij sitzt im Gefängnis, weil er eine Geldstrafe nicht bezahlt hat; irgendwas mit Drogen. Nun wartet er, dass die Staatsanwaltschaft seinen Antrag genehmigt.
Da ist Marco schon weiter: In der Naxos-Halle, Kulturprojekt mitten in Frankfurt, packt er an, stapelt Kartons mit Material für die Malkurse, räumt auf, wenn die vorbei sind. Er hat seine gemeinnützige Arbeit schon fast hinter sich – und Angst vor der Zeit danach. Denn seine kleine Wohnung gehört zum Projekt; er fürchtet, sie zu verlieren, wenn seine Strafarbeit erledigt ist. Und auf dem Frankfurter Wohnungsmarkt hat einer wie er keine Chance.
Über 4400 Gefangene saßen am 30. September 2019 in deutschen Gefängnissen eine so genannte Ersatzfreiheitsstrafe ab (DESTATIS, Bestand der Gefangenen und Verwahrten in deutschen Justizvollzugsanstalten – Januar bis September 2019, Zeile 12 Spalte 44). Ein Gericht hat sie wegen eines kleinen Delikts nicht zu Haft, sondern zu einer Geldstrafe verurteilt, Ladendiebstahl, Körperverletzung, Drogenbesitz und vor allem Leistungserschleichung – Schwarzfahren. Das Angebot, die Strafe in Raten zu zahlen, nützt vielen nichts: Wer auf Hartz IV angewiesen ist, hat kein Geld übrig. Und einen Arbeitstag durchzustehen, erscheint manchem unmöglich. So landen Arme hinter Gittern.
Der Hessenreporter begleitet Marco bei seinem Bemühen, wieder Fuß zu fassen: bei der Arbeit, beim Termin mit seinem Sozialarbeiter, beim Putzen seiner Wohnung. Und Marco zeigt, wovor er Angst hat: Wieder im Wohnheim für obdachlose Männer am Hauptbahnhof zu landen oder auf der Wiese am Mainufer. Das wäre der Horror – zurück in die Drogenszene zu müssen, die er hinter sich gelassen hat.“
In der Reihe Hessenreporter wird der Film am 11. Februar 2020 um 21.45 Uhr im Hessischen Fernsehen gezeigt. Eine Woche vorher ist er bereits online abrufbar und danach in der Mediathek verfügbar: https://www.hr-fernsehen.de/sendungen-a-z/hessenreporter/index.html